Einige von Florian Dörflingers Kühe stehen im Auslauf vor dem Laufstall. So auch Romina, sie steht mittendrin. Sie sei eine friedfertige Kuh, sagt Florian Dörflinger über seine vierjährige Original-Braunvieh-Kuh. «Sie sucht keinen Streit. Aber sie gibt zurück, wenn es sein muss.» Und sie sei eine ringi: Unkompliziert also, und beim Melken sei sie immer unter den ersten fünf.

Wir gehen in den Laufstall. Florian verteilt etwas Futter, damit Romina und auch die anderen Kühe hereinkommen. Er zeigt auf das Blatt mit Daten von Romina, das am Deckenbalken festgemacht ist, und erläutert, was es mit den vielen Zahlen auf sich hat. Bei der sogenannten Linearen Beschreibung und Einstufung (LBE) werden äussere Merkmale wie Rahmen, Becken, Fundament, Euter und Zitzen bewertet. Bei der letzten Bewertung kam Romina auf eine Gesamtnote von 82 Punkten, einem G+. Mit anderen Worten: Aus züchterischer Sicht ist Romina eine gute Kuh, wenn auch nicht «exzellent» wie ihre Mutter Tripolis, die sogar 90 Punkte erreichte. 

Ansonsten ist Romina, wie ihre Mutter auch, eine gesunde Kuh: «Sie hat noch nie einen Tierarzt gesehen.» Aber, sie hat einen Erbfehler, der recht häufig beim Original Braunvieh auftritt und im schlimmsten Fall zu Blindheit führt. Blind ist Romina zwar nicht, aber sie sieht in der Dunkelheit schlecht. Das ist auch der Grund, weshalb sie in Zukunft nicht mehr gemeinsam mit den anderen Kühen frühmorgens auf die Alp Vals marschieren wird. «Solange die Kühe eng beieinander in der Herde laufen, ist es kein Problem», so Florian. Aber letzten Sommer fiel Romina zurück und kam kurz vor der Alp Vals vom Weg ab. «Sie hatte die Orientierung verloren und wir mussten sie die letzten Meter im Anhänger hochfahren.»

Bereits zwei Jahre zuvor musste Romina als Rind auf der Alp in Valzeina eine sehr unangenehme Erfahrung gemacht haben, wie Florian erzählt: «Als ich Romina für das Alpspektakel 2021 schärte, entdeckte ich am Hals eine Rude und einen Schranz.» Zwar wurde keine DNA-Analyse gemacht, aber er vermutet, dass die Verletzung von einem Wolf stammte. Denn dieser war in diesem Sommer in der Gegend der Rinderalp in Valzeina unterwegs, was Florian am Verhalten seiner Tiere merkte: «Die Rinder brachen ständig aus der Weide aus und wurden so scheu, dass wir sie fast nicht mehr einfangen konnten.» 

Pro Jahr gibt Romina bis 4'800 Liter Milch, ungefähr halb so viel wie eine reine Milchkuh wie Holstein. Das hat einen Grund, wie Florian erklärt: «Eine Holstein gibt pro Tag 40 Liter Milch, was eine hohe Leistung ist. Da bleibt keine Energie für anderes übrig.» Zweinutzungsrassen wie die Original Braunvieh sind demgegenüber aktiver und temperamentvoller, geben dafür weniger Milch.